Unser Handeln vollzieht sich nicht nur unter rationalen Gesichtspunkten, sondern auch angesichts von Irrationalität, Irrtum und Selbsttäuschung, ohne dass es dabei den Charakter des Handelns verliert. Wir können zwischen Rationalität, Irrationalität und Arationalität bzw. Nicht-Rationalität unterscheiden. Unser alltäglicher Sprachgebrauch neigt jedoch dazu, Irrationalität und Arationalität gleichbedeutend zu verstehen, ebenso wie Immoralität und Amoralität. Tatsächlich aber unterscheiden sie sich gravierend. Donald Davidson hat darauf hingewiesen, dass „die Möglichkeit von Irrationalität zu einem hohen Grad von Rationalität abhängt. Irrationalität ist nicht einfach ein Mangel an Vernunft, sondern eine Krankheit oder eine Störung der Vernunft“ (Davidson 2005, 123). „[D]as Irrationale ist nicht bloß das Nichtrationale, das außerhalb des Bereichs des Rationalen liegt, sondern Irrationalität ist ein Versagen innerhalb des Hauses der Vernunft.“ (Davidson 2006, 258) Arational oder nichtrational sind dagegen „Naturursachen“ oder „blinde Kräfte“, die sich nicht im Sinne von rationalen, motivationalen oder rechtfertigenden Gründen verstehen lassen (Davidson 2006, 303). Irrationalität setzt eine entwickelte Rationalität voraus. Wir können uns nur dann irren, wenn wir zuvor Hypothesen und Urteile gebildet haben, die falsifiziert werden können. Das Bilden von falsifizierbaren Hypothesen selbst ist ein rationaler Prozess. Wer sich irrt, ist also nicht einfach nur dumm, sondern intelligent. Irrtum ist also eine Form von Intelligenz, insofern diese an der Wirklichkeit scheitert. An der Wirklichkeit scheitern kann jedoch nur dann eine Intelligenz, wenn sie sich dazu in einen durch Gründe entwickelten Gegensatz gebracht hat. Der Irrtum besitzt eine evolutionäre Bedeutung, nicht nur für Personen, sondern auch für andere rudimentär intelligente Lebensformen, wie sich anhand des Prinzips von „Trial and Error“ erkennen lässt: Fortschritt lässt sich nur dadurch erreichen, dass wir uns methodisch irren, und aus unseren Irrtümern lernen. Häufig entstehen Irrtümer auch durch Selbsttäuschung. Selbsttäuschung ist nichts Arationales, sondern hat Gründe, die uns aus bestimmten Gründen nicht einsichtig sind. Dazu gehört etwa ein latentes Interesse an einer Sache, die sie das handelnde Subjekt nicht eingestehen kann oder will. Als Beispiel dafür kann der missgünstige Neid angeführt werden, in welchem sich das neidische Subjekt darin täuscht, dass es glaubt, ungerecht behandelt worden zu sein, um seine eigene Unterlegenheit irrtümlicherweise zu rechtfertigen.