Ethik des Anthropozäns – Einführung

Der Begriff des Anthropozäns wurde erst Anfang der 2000er-Jahre von dem niederländischen Meteorologen und Nobelpreisträger Paul Crutzen (1933-2021) geprägt. Der Begriff besagt, dass der Mensch zu einer eigenen Naturgewalt geworden ist, so dass er selbst Namensgeber für ein neues geochronologisches Zeitalter wird, welches das Holozän (von gr. „holos“, ganz und „kainos“, neu) abgelöst hat. Eine Ethik des Anthropozäns steht im Kontext der Umweltethik, die ein recht neues philosophisches Phänomen ist. Wenn der Mensch selbst nicht nur Menschheits-, sondern auch Erdgeschichte betreibt, dann ergeben sich daraus neue ethische Herausforderungen und Fragestellungen:

  • Inwiefern handelt es sich im Naturverhältnis im Grunde um ein Selbstverhältnis des Menschen?
  • Welche neuartigen moralphilosophischen Probleme gehen mit dem Anthropozän einher?
  • Wie können wir eine Umweltethik entwickeln und begründen, die den Herausforderungen des Anthropozäns angemessen ist?
  • Wie können wir eine Ethik des Anthropozäns begründen, ohne dem Fehlschluss von bloß deskriptivem Sein (Natur) auf normatives Sollen (Moral) zu erliegen?
  • Inwiefern können wir die Natur als ein schützenswertes Gut begründen, und inwiefern hat die Natur gar ein „sittliches Eigenrecht“? Ist sie eine Person, die Rechte hat?
  • Was ist gut, was ist böse im Anthropozän?
  • Inwiefern können wir mit Blick auf das Anthropozän von einer „dritten Natur“, neben der ersten (biologischen) und zweiten (kulturellen) sprechen?
  • Gibt es so etwas wie eine spezifische Ästhetik des Anthropozäns, und wie verhält sie sich zur Ethik?