Zusammenfassung: Ethik, Kultur und Politik der Digitalität (22.7.2019)

Ontologisch können wir zwischen virtuellen Objekten und virtuellen Handlungen als besonderen Fällen von virtuellen Ereignissen unterscheiden. Virtuelle Handlungen sind auf virtuelle oder physikalische Realitäten gerichtet.

Physikalische Realität                                             Virtuelle Realität

Körper                                                                         virtuelle Objekte

Ereignisse in Raum und Zeit                                      virtuelle Ereignisse

Handlungen in Raum und Zeit                                  virtuelle Handlungen

Durch die veränderte Raum- und Zeitlogik der digitalen Sphäre stellen sich neue Probleme, die den Bereich der Ethik, Kultur und Politik betreffen. Dabei ist weniger die Problematik künstlicher Intelligenz zentral, als die Infrastruktur des Internets, die als Bedingung der Möglichkeit virtueller Ereignisse gelten darf. Das Internet wird damit zur Grundlage einer virtuellen Lebenswelt. Es wird zu einem Grundbedürfnis wie fließend Wasser, Wärme und Elektrizität. Dort, wo kein Internet verfügbar ist oder wo es zensiert und beschnitten wird, kann sich eine virtuelle Kultur nicht entfalten. Deswegen fordert Artikel 3 der „Digitalen Charta“: „Jeder Mensch hat das Recht auf eine gleichberechtigte Teilhabe in der digitalen Sphäre.“ Ein fehlender Zugang zum Internet wird immer mehr als eine Beschneidung der menschlichen Freiheit sichtbar. Die Struktur des Internets als Bedingung der Möglichkeit virtueller Realität führt neue Formen der Kultur mit sich. Zu nennen sind hier vor allem Online-Computerspiele, welche das Phänomen der Immersion derart radikalisieren, dass der Nutzer selbst virtuell im Netz mit anderen Nutzern interagiert und nicht nur in eine Simulation einbezogen ist. Auch in politischer Hinsicht ist die Digitalität relevant. Denn politische Meinungsbildung und Entscheidung findet immer häufiger auf digitalen Kanälen statt. Relevant ist hierbei vor allem das Medium „Twitter“, auf dem regelmäßig ein politischer Schlagabtausch erfolgt. Allgemein betrachtet lässt sich die Digitalität als eine neue Form der Freiheit verstehen: Wir können Gegenstände und Ereignisse auf eine andere Art realisieren als in der physikalischen Welt, weil wir digital nicht mehr an raumzeitliche Hürden gebunden sind (= virtuelle Realität). Diese Einheit von negativer und positiver Freiheit ist durch die Digitalität bezeichnet.