Zusammenfassung: Fichte über die Pflicht der Ehe

Nach Fichte haben wir neben der Pflicht, einem gesellschaftlichen Stand zuzugehören auch eine Pflicht, uns Eigentum zu erwerben. Diese Pflicht steht im Gegensatz zu sozialistischen oder kommunistischen Staatsentwürfen, wonach das Eigentum nur als Kollektiveigentum (z.B. „volkseigene Betriebe“ in der DDR) existieren sollte. Fichte begründet die Pflicht auf Erwerb von Eigentum bzw. die Pflicht „das Eigentumsrecht einzuführen“ (288) damit, dass wir nur dann frei handeln können, wenn wir ein Wissen über Eigentumsverhältnisse haben, die wir nicht verletzen dürfen. Nach Fichte besteht auch eine Pflicht zur Bildung eines Staates, denn „[a]lle sollen frei sein“ (289). Das „Beisammenstehen der Freiheit aller“ zu befördern ist absolute Pflicht des Sittengesetzes. Dieses Beisammenstehen ist jedoch nur möglich, wenn ein jeder seinen Gebrauch der Freiheit „auf eine gewisse Sphäre“ (289) einschränkt, die ihm die anderen überlassen, und wenn ein jeder den anderen auch Sphären überlässt. Diese Sphären können als exklusive Einflusssphären im Sinne des Eigentums verstanden werden. Indem wir uns als „Werkzeug des Sittengesetzes“ verstehen, sollen wir nach Fichte jedoch nicht nur Freiheit verbreiten, sondern auch Moralität befördern.

Fichte spricht davon, dass es „die absolute Bestimmung eines jeden Individuums beider Geschlechter“ sei, zu heiraten (330). Der Vorsatz, „sich nie zu verehelichen“, sei dagegen „absolut pflichtwidrig“ (330). Deswegen kritisiert Fichte Formen des Zölibats, aber auch des philosophischen Asketen- und Eremitentums. Dabei scheint Fichte an den Platonischen Mythos des „Kugelmenschen“ anzuknüpfen. Diesem Mythos zufolge existierten ursprünglich Wesen mit vier Beinen und vier Armen und zwei Gesichtern. Als die Kugelmenschen die Götter angreifen wollten, wurden sie von diesen in zwei Hälften zerschnitten. Seitdem suchen die Menschen ihre andere Hälfte, um sich mit ihnen in Liebe zu vereinen. Fichte betont, dass das Verhältnis der Ehegatten sich „auf eine Veranstaltung der Natur“ gründet (325). Der Trieb zur Fortpflanzung ist durch und durch natürlich und kann nicht durch Freiheit erzeugt oder vernichtet werden (jedoch kann er durch Freiheit sublimiert werden). Fichte betont, dass die Befriedigung dieses Naturtriebs nur dann moralisch möglich ist, wenn dies im Rahmen einer Ehe geschieht. Der Naturtrieb wieder in der Ehe veredelt und sublimiert, er erhält einen „dem vernünftigen Wesen würdigen Charakter“ (329). Fichte spricht von einer „gänzliche[n] Verschmelzung zweier vernünftiger Individuen in Eins“, die sich durch die eheliche geschlechtliche Vereinigung ergibt.

Die Pflicht des Gelehrten besteht darin, dazu beizutragen, dass das Erkenntnissystem der Menschheitsfamilie sich über die Zeit hinweg höher entwickelt. Fichte legte dabei eine teleologische Perspektive zugrunde, also die Annahme, dass sich das Wissen über die verschiedenen Generationen weiterentwickelt. Die Gelehrten haben verschiedene Funktionen. Sie sind „das Archiv der Kultur des Zeitalters“ (344). Doch sind diese Archivierungsleistungen nicht nur im Sinne eines Ansammelns von Informationen zu verstehen, sondern müssen immer mit Blick auf die Prinzipien erfolgen, die diesem Wissen zugrunde liegen: „Sie wissen nicht nur, daß etwas so ist, sondern zugleich auch, wie der Mensch zu dieser Erkenntnis kam, und wie sie mit seinen übrigen Erkenntnissen zusammenhängt.“ (344) Fichte fordert, dass ein Gelehrter nicht nur die Geschichte des Wissens bis zu seinem Zeitalter versteht, sondern auch die Geschichte der Prinzipien dieses Wissens. Fichte tendiert dazu, die Wissenschaft zu moralisieren: „Strenge Wahrheitsliebe ist die eigentliche Tugend des Gelehrten“ 345). Das moralische Ideal der Wissenschaft verbietet es, nur mit dem Wissen zu „spielen“ oder aus Egoismus sich Eitelkeiten hinzugeben und eigene Irrtümer zu verteidigen. Ob“ nur das Wahre und Gute […] in der Menschheit [bleibt]“, wie Fichte behauptet, bleibt jedoch fraglich.