Zusammenfassung: Kierkegaards Begriff der Verzweiflung

Kierkegaard behandelt das Phänomen der Verzweiflung im Rahmen seiner Theorie des menschlichen Selbst. Dieses ist ein Verhältnis aus Endlichkeit und Unendlichkeit, das sich zu sich selbst verhält. Doch verhält es sich nicht nur zu sich selbst, sondern auch zu dem Grund, von dem es gesetzt wurde. Es gibt nach Kierkegaard verschiedene Formen der Verzweiflung: „(1) daß man, in der Verzweiflung, sich nicht bewußt ist, ein Selbst zu haben (uneigentliche Verzweiflung); (2) daß man verzweifelt nicht man selbst sein will; (3) daß man verzweifelt man selbst sein will“. Die letzte Form der Verzweiflung ist nach Kierkegaard die eigentliche Verzweiflung. Die Verzweiflung besteht nun allgemein darin, dass das Selbst seine verschiedenen Relationen, insbesondere die zu seinem Grund, nicht transparent vor Augen hat. Kierkegaard bestimmt den Zustand, in welchem die Verzweiflung „ausgerottet“ ist, wie folgt: „im Verhalten zu sich selbst, und indem es es selbst sein will, gründet sich das Selbst durchsichtig auf die Macht, die es setzte.“ Alle Formen der Verzweiflung resultieren aus einem relationalen Ungleichgewicht des Selbst, in dem es sich ausweglos verstrickt. Damit hat Kierkegaard ein wichtiges Moment der Verzweiflung angesprochen: die Ausweglosigkeit, die nicht nur erlebt, sondern bewusst reflektiert und beurteilt wird. Insofern besitzt die Emotion der Verzweiflung ein kognitives Moment. Typisch für die Verzweiflung ist auch die innere Unruhe, Rastlosigkeit und Panik des Subjekts, welche höchstes zur deprimierten Resignation aufgelöst werden kann. Man kann die Verzweiflung auch als eine unkontrollierte Form der Angst charakterisieren. Während die Angst dadurch ausgezeichnet ist, dass sie immer noch eine gewisse intentionale Richtung aufweist, so fehlt dem verzweifelten Subjekt jegliche Form von Intentionalität. Das verzweifelte Subjekt ist gänzlich orientierungslos. Diese Ausweglosigkeit ist jedoch immer eine individuelle, die sich aus den individuellen Vorgaben (Wünschen, Zielen, Interessen, …) des Subjekts ergibt.