Zusammenfassung: Thomas Nagel über Altruismus

Nach Nagel ist Kants Ethik dem motivationalen Internalismus zuzurechnen. Kant, so Nagel, vertritt die Auffassung, dass unsere Motivationen nicht unserer Ethik voran gehen, sondern aus ihr folgen. Tatsächlich folgt das moralische Gefühl der Achtung nach Kant direkt aus dem Bewusstsein des Sittengesetzes, und es gilt dem Sittengesetz selbst. Nagel versteht seine eigene Theorie wie diejenige Kants als internalistisch. Nagel verweist auf die Metaphysik, die hinter einer Theorie moralischer Motivation steht. Kant hat nach Nagel die Freiheit zur metaphysischen Basis moralischer Motivation gemacht, während Nagel die Gleichheit der Personen zum Fundament wählt. Nagel interpretiert die internalistische Beziehung zwischen ethischen Normen und moralischen Motivationen im Sinne einer strukturellen Nähe. Denn es wäre nur schwer möglich, eine internalistische Verbindung zwischen phänomenal-materialen Gehalten moralischer Motivation wie Wünschen und Gefühlen und moralischen Normen intern zu vermitteln. Diese Struktur moralischer Motivation kann nach Nagel so formal sein, dass sie nur im Sinne von kausaler Erklärbarkeit verstanden werden kann. Nach Nagel ist der Begriff des Grundes (reason) dafür geeignet, eine internalistische Verbindung von moralischer Norm und moralischer Motivation zu leisten (14). Denn der Begriff des Grundes erlaubt es, Handlungen zu erklären (das ist der motivationale Aspekt) oder zu ‚begründen‘ oder zu rechtfertigen (das ist der prinzipienethische Aspekt). Wir haben nach Nagel in diesem Sinne einen unmittelbaren Grund die Interessen anderer Personen zu befördern, und dieser Grund hängt nicht ab von eigenem Interesse (Egoismus) oder vorgängigen Gefühlen von Sympathie oder Wohlwollen. Derartige altruistische Gründe verhalten sich nach Nagel „parasitär“ (16) zu selbstinteressierten Gründen. Die Form altruistischer Gründe hängt insofern strukturell von der Form selbstinteressierter Gründe ab. Nagel betont, dass er unter Altruismus ein alltägliches lebensweltliches Phänomen versteht, welches nicht Formen von edler Selbstaufopferung zu bedeuten hat. Er versteht unter Altruismus vielmehr jegliches Verhalten, welches nur durch die Überzeugung motiviert ist, dass eine andere Person dadurch profitieren oder Leid vermeiden kann. Nagel versteht unter solchen lebensweltlichen Formen von Altruismus Formen von alltäglicher Rücksichtnahme auf andere, die nicht der Selbstaufopferung bedürfen. Als Beispiel führt Nagel Warnungen an, durch welche wir andere Personen vor unangenehmen Situationen wie den Biss in einen mit einer Wespe belegten Hamburger schützen können (16).