„Zeit, Raum, Ort und Bewegung als allen bekannt, erkläre ich nicht. Ich bemerke nur, dass man gewöhnlich diese Größen nicht anders, als in Bezug auf die Sinne auffasst und so gewisse Vorurteile entstehen, zu deren Aufhebung man sie passend in absolute und relative, wahre und scheinbare, mathematische und gewöhnliche unterscheidet.“ (25)
„Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig, und ohne Beziehung auf irgend einen äußern Gegenstand. Sie wird so auch mit dem Namen: Dauer belegt.“ (25)
„Die relative, scheinbare und gewöhnliche Zeit ist ein fühlbares und äußerliches, entweder genaues oder ungleiches, Maß der Dauer, dessen man sich gewöhnlich statt der wahren Zeit bedient, wie Stunde, Tag, Monat, Jahr.“ (25)
„ Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen äußern Gegenstand, stets gleich und unbeweglich. Der relative Baum ist ein Maß oder ein beweglicher Teil des erstern, welcher von unsern Sinnen, durch seine Lage gegen andere / Körper bezeichnet und gewöhnlich für den unbeweglichen Raum genommen wird. Z. B. ein Teil des Raumes innerhalb der Erdoberfläche; ein Teil der Atmosphäre; ein Teil des Himmels, bestimmt durch seine Lage gegen die Erde. Der absolute und relative Raum sind dasselbe an Art und Größe, aber sie bleiben es nicht immer an Zahl. Bewegt sich z. B. die Erde, so ist der Raum unserer Atmosphäre, welcher in Bezug auf unsere Erde immer derselbe bleibt, bald der eine, bald der andere Teil des absoluten Raumes, in welchen die Atmosphäre übergeht und ändert sich so beständig.“ (25 f.)
„Der Ort ist ein Teil des Raumes, welchen ein Körper einnimmt, und, nach Verhältnis des Raumes entweder absolut oder relativ. Er ist ein Teil des Raumes, nicht aber der Platz oder die Lage des Körpers oder die ihn umgebende Oberfläche. Denn die Orte gleicher fester Körper sind stets einander gleich, wogegen die Oberflächen, wegen der Unähnlichkeit der Gestalt meistenteils ungleich sind. Die Lage eines Körpers hat aber eigentlich gar keine Größe und ist nicht so sehr ein Ort, als ein Verhältnis des Ortes. Die Bewegung des Ganzen ist identisch mit der Summe der Bewegungen seiner einzelnen Theile, daher die Ortsveränderung des Ganzen identisch mit der Summe der Ortsveränderungen seiner einzelnen Theile. Er befindet sich daher innerhalb des ganzen Körpers.“
„Die absolute Zeit wird in der Astronomie von der relativen durch die Zeitgleichung unterschieden. Die natürlichen Tage, welche gewöhnlich als Zeitmaße für gleich gehalten werden, sind nämlich eigentlich ungleich. Diese Ungleichheit verbessern die Astronomen, indem sie die Bewegung der Himmelskörper nach der richtigen Zeit messen. Es ist möglich, dass keine gleichförmige Bewegung existiere, durch welche die Zeit genau • gemessen werden kann, alle Bewegungen können beschleunigt oder verzögert werden; allein der Verlauf der absoluten Zeit kann nicht geändert werden. Dieselbe Dauer und dasselbe Verharren findet für die Existenz aller Dinge statt; mögen die Bewegungen geschwind, oder langsam oder Null sein. Ferner wird diese Dauer von ihren durch die Sinne wahrnehmbaren Maassen unterschieden und, mittelst der astronomischen Gleichung aus ihnen entnommen. Die Notwendigkeit dieser Gleichung bei der Bestimmung der Erscheinungen wird aber sowohl durch die Anwendung einer Pendeluhr, als auch durch die Verfinsterungen der Jupiters-Trabanten erwiesen.“ (27)
„Wie die Reihenfolge der Zeitteile, ist auch die der Raumteile unveränderlich. Bewegt man diese von ihrem Orte, so werden sie (so zu sagen) von sich selbst entfernt. Die Zeiten und die Räume sind die Orte ihrer selbst und aller Dinge; in der Zeit, in Bezug auf die Aufeinanderfolge, im Raume, in Bezug auf die Lage aller Dinge. Das Wesen der Räume ist, dass sie Orte sind; dass ein ursprünglicher Ort bewegt werde, ist absurd. Diese sind daher die absoluten Orte, und aus der Übertragung von einem Orte zum andern entsteht die absolute Bewegung.“ (27)
Quelle: Sir Isaac Newton: Mathematische Prinzipien der Naturlehre. Mit Bemerkungen und Erläuterungen. Herausgegeben von J. Ph. Wolfers. Berlin 1872.