John McTaggart (1866-1925) argumentiert dafür, dass die Zeit nicht wirklich sei. Er vertritt also einen Antirealismus bezüglich der Zeit. Dies hatten auch schon andere Philosophen vor ihm behauptet. Nach Immanuel Kant etwa ist die Zeit nichts, was unabhängig vom erkennenden Subjekt in der Welt existiert, sondern die Bedingung der Möglichkeit von Erfahrung und Erkenntnis. Kant vertritt keinen Realismus, sondern einen (transzendentalen) Idealismus bezüglich der Zeit. Doch glaubt McTaggart, die Unwirklichkeit auf eine bisher unbekannte, neue Art beweisen zu können. Um seine These argumentativ zu belegen, unterscheidet er zwischen einer A-, einer B- und einer C-Reihe der Zeit: Die A-Reihe der Zeit symbolisiert jene subjektive Zeiterfahrung, wonach ein Zeitpunkt in einer Zeitreihe von einem Subjekt aus betrachtet entweder gegenwärtig, vergangen oder zukünftig sein kann. Ob ein Zeitpunkt in einen der drei Bereiche – Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft – fällt, hängt davon ab, wie sich das Subjekt der Zeit dazu verhält. Das indexikalische Wort „jetzt“ bezeichnet denjenigen Zeitpunkt, zu dem es ausgesprochen wird, also heute einen anderen Zeitpunkt als morgen. Dies können wir folgendermaßen formalisieren: Seien M, N, O drei aufeinander folgende Zeitpunkte (oder „Momente“, wie McTaggart auch sagt). Wir können diese aus der Perspektive der A-Reihe immer mit einem Index versehen: V = vergangen, G = gegenwärtig, Z = zukünftig. Nehmen wir an, der Zeitpunkt N sei gegenwärtig (NG). Dann folgt daraus, dass M schon vergangen und O noch zukünftig ist:
(NG) → (MV), (OZ)
Ferner gilt:
(MG) → (NZ), (OZ)
(OG) → (MV), (NV)
Von dieser subjektabhängigen Zeitauffassung der A-Reihe der Zeit unterscheidet McTaggart eine B-Reihe der Zeit, welche die einzelnen Zeitpunkte nur dahingehend unterscheidet, ob sie früher oder später voneinander auf dem Zeitstrahl liegen. Sie haben also im Gegensatz zur A-Reihe einen subjektunabhängigen zeitlichen Status, der nicht weiter indexiert werden kann:
N > M
O > N
Die B-Reihe könnte wegen ihrer Subjektunabhängigkeit für objektiver als die A-Reihe gehalten werden. Tatsächlich abstrahiert die moderne Naturwissenschaft davon, so dass für sie in der Regel nur das Früher und Später einzelner Zeitpunkte von Bedeutung ist. Doch vertritt McTaggart die These, dass die subjektive Indexikalität der A-Reihe für das Verständnis der Zeit notwendig ist. Doch gerade aufgrund der Bedeutung der A-Reihe sei Zeit unwirklich. Nach McTaggart sind sowohl A- als auch B-Reihe für die Zeit wesentlich. Doch im Gegensatz zur B-Reihe, auf der alle Zeitpunkte zugleich vorliegen, erfahren wir in der A-Reihe nur einen Zeitpunkt, etwa N, zur selben Zeit, und wir erinnern oder erschließen die bereits vergangenen oder noch kommenden (gestrichelten) Zeitpunkte M und O.
Deswegen kann man die Perspektive der A-Reihe auch „präsentistisch“, und die Perspektive der B-Reihe „eternalistisch“ nennen. Die A-Reihe symbolisiert auch den Wandel, den ein Subjekt der Zeit erlebt. Wenn N der Fall ist, ist M bereits vergangen und O wird noch auf uns zukommen. Diese Extasen der Zeit sind nicht weiter analysierbar. Wir müssen sie als gegeben hinnehmen. Die B-Reihe hingegen symbolisiert keinen Wandel, weil alle Ereignisse in ihrer Abfolgeordnung „früher als – später als“ zugleich vorliegen.
Neben der A- und B-Reihe unterscheidet McTaggart noch eine C-Reihe, die wir dann enthalten, wenn wir die zeitlichen Determinanten abziehen. Diese ist also nicht zeitlich, sondern besteht aus bloßen Relationen oder Ordnungen von (zeitlosen!) Ereignissen (man könnte sagen: der relationalen Ontologie, die der Zeit zugrunde liegt). Die C-Reihe hat also im Grunde gar keine exklusive, unumkehrbare Richtung, wie sie der Zeitpfeil hat. McTaggart vergleicht die C-Reihe deswegen mit einem Zahlenstrahl. Aber dieser Vergleich ist problematisch, denn er hat in der Regel auch eine Richtung, die von den negativen zu den positiven Zahlen weist. Außerdem sind Zahlen keine bloßen Ordnungspunkte im Kontinuum, sondern Implikationsverhältnisse. Deswegen sollte man die C-Reihe derart verstehen, wie man es z.B. mit der dreistelligen Relation „N steht in der Mitte von M und O“ tut. Ob man diese Ordnung als „MNO“ oder „ONM“ angibt, ist egal. „O“ steht beide Male in der Mitte. McTaggart argumentiert dafür, dass wir mit der A- und der C-Reihe die erfahrbare Zeit konstruieren können: “It is only when the A series, which gives change and direction, is combined with the C series, which gives permanence, that the B series can arise.“ (464)
Ausgehend von seiner These, dass die A-Reihe für die Zeit unverzichtbar ist, argumentiert McTaggart dann, dass eine A-Reihe gar nicht existieren kann, sondern in sich widersprüchlich ist. Den Grund für den Widerspruch der A-Reihe sieht McTaggart darin, dass ihre Relationen oder Qualitäten in sich einen Widerspruch bergen. Sofern die Bestimmungen der A-Reihe Relationen sind, erlauben sie keinen Wandel, denn Relationen müssen unwandelbar zu jedem Zeitpunkt bestehen: „Past, present, and future are incompatible determinations. Every event must be one or the other, but no event can be more than one.”