Der Begriff der (moralischen) Zurechenbarkeit ist einer der zentralen Grundbegriffe der Praktischen Philosophie. Denn er erlaubt es, (moralische) Verantwortung im Handeln zu begründen. Das Problem (moralischer) Zurechenbarkeit und Verantwortung stellt sich vor allem im Falle von (moralisch) bösen (bzw. unmoralischen) Handlungen. Wir werden für (moralisch) böse (bzw. unmoralische) Handlungen (in der Regel aber nicht aber für unsere Maximen) verurteilt und ziehen (moralische) Vorwürfe auf uns.
Der Begriff der moralischen Zurechenbarkeit setzt verschiedene andere praktische Grundbegriffe voraus. Zum einen stellt sich die Frage, wem eigentlich eine Handlung (moralisch) zugeordnet werden kann: Ist es eine individuelle oder eine kollektive Person? Dann stellt sich die Frage, ob es sich bei der zugeschriebenen Handlung um eine innere oder äußere Handlung handelt, die eine Basishandlung oder eine komplexe Handlung sein kann. Damit überhaupt eine Handlung ausgeführt werden kann, muss ihr eine individuelle oder kollektive Absicht zugrunde liegen. Dies wiederum verweist auf den Begriff des Grundes. Wir müssen ferner Willensfreiheit besitzen, um uns für eine bestimmte Handlungsoption (aus ‚guten‘ Gründen) zu entscheiden. Damit die zugerechnete Handlung (moralisch) bewertet werden kann, müssen wir auf den Begriff der (moralischen) Normativität rekurrieren.
Das Problem (moralischer) Zurechenbarkeit betrifft also die Frage nach Willensfreiheit bzw. nach Kompatibilismus, Libertarianismus und Determinismus. Der Philosoph Galen Strawson hat in seinem 1994 erschienenen Aufsatz „The Impossibility of Moral Responsibility“ die These vertreten, „that we cannot be truly or ultimately morally responsible for our actions.” Sein Argument dreht sich im Wesentlichen um das Problem der (moralischen) Selbstverursachung (causa sui) im Handeln: „(1) Nothing can be causa sui – nothing can be the cause of itself. (2) In order to be truly morally responsible for one’s actions one would have to be causa sui, at least in certain crucial mental respects. (3) Therefore nothing can be truly morally responsible.“ (Strawson 1994: 5)
Ein weiteres Problem moralischer Zurechenbarkeit besteht in dem Konsequenz-Argument Peter van Inwagens, das sich der Position des Inkompatibilismus zuordnen lässt: “If determinism is true, then our acts are the consequences of the laws of nature and events in the remote past. But it is not up to us what went on before we were born, and neither is it up to us what the laws of nature are. Therefore, the consequences of these things (including our present acts) are not up to us.” (van Inwagen 1983: 16) Hier stellt sich die Frage, ob wir die (moralische) Zurechenbarkeit unserer Handlungen nur unter der Bedingung der Falschheit des Determinismus (bzw. der Wahrheit des Indeterminismus) aufrecht erhalten können, oder ob unsere Handlungen auch im Rahmen eines Kompatibilismus moralisch zurechenbar sind.