Das Internet darf als ein Paradigma der Digitalität gelten. Der amerikanische Philosoph Hubert Dreyfus geht so weit, ihm eine transzendentale Rolle zuzuschreiben. Es ist die Bedingung der Möglichkeit von Medialität. Medialität bedeutet wörtlich so viel wie „Vermittlung“.
Das Wesen des Internets ist die Struktur der Verbindung und Vernetzung,und zwar so, dass darin die größte Unmittelbarkeit realisiert ist. Darin unterscheidet es sich von regionalen Intranetzen, die abgekoppelt existieren. Das Internet hat die Form der Grenzenlosigkeit und die Tendenz, andere Netze zu integrieren, ähnlich einem weit verzweigten Pilzgeflecht. Es ist wesentlich dezentral: Wir können uns jederzeit an jedem Ort in es einklinken. Damit einher geht eine andere Art zu denken. Es ist der Inbegriff der Integration. Nicht mehr Analyse, sondern Assoziation und Vergleich stehen epistemisch im Zentrum. Dies wird ermöglicht durch einen Hypertext, durch ein komplexes Verweisungssystem. Das Internet ist insofern holistisch verfasst. Bedeutung von Begriffen oder Mustern konstituiert sich durch Ähnlichkeit und Differenz zu anderen Begriffen.
Die Flexibilität des Internets wird ermöglicht durch seine Raum- und Zeitlosigkeit. Wir durchforsten es prinzipiell in Lichtgeschwindigkeit (trotz mancher lags und hoher pings). Durch seine Grenzenlosigkeit stellt sich die Frage, ob und wie ihm Grenzen zu setzen sind. Diese Grenzen betreffen u.a. unsere Meinungsfreiheit und den Datenschutz. Denn das Internet hat die Tendenz, alles zu sammeln und nichts zu vergessen. Es gleicht darin einem gewaltigen kulturellen Gedächtnis, das alle Informationen durch seine Zeitlosigkeit nebeneinander verortet. Damit stellt sich das Problem des Vergessens. Die Bedeutung von Inhalten ermisst sich daran, wie intensiv sie vernetzt sind und wie gut sie gefunden werden. Existenz wird damit in ein enges Verhältnis zu Gefundenwerden gebracht. Die Nutzer des Netzes können durch ihr spezifisches Suchverhalten individuiert werden.
Angesichts der schier unübersehbaren Datenflut werden geschickte Suchen und Mustererkennung zentral. Nur sie helfen uns, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Das Internet eignet sich damit paradigmatisch als Grundlage und Operationsbasis für künstliche neuronale Netze.