Einführung in die Technikethik

Wir können ganz allgemein zwischen Ethik und Moral unterscheiden. Unter Moral verstehen wir die Prinzipien, die den Handlungen von einzelnen Menschen oder auch Gemeinschaften zugrunde liegen. Diese Handlungsprinzipien definieren, welche Handlungen richtig bzw. gesollt und welche falsch bzw. verboten sind. Die Moral hat es also mit den Werten, Normen und den Wertesystemen von Menschen und Gesellschaften zu tun. Verschiedene Menschen und Gesellschaften können ganz verschiedene Wertesysteme haben. Die Ethik hingegen ist die Reflexion auf die verschiedenen Moralen, also Wertesysteme von Menschen und Gesellschaften. Ethik wird auch häufig im Sinne von Moralphilosophie verstanden. Als solche versucht die Ethik, zwischen verschiedenen Moralsystemen zu unterscheiden und auch Kriterien dafür zu entwickeln, wie wir unsere Moralsysteme am besten begründen können. Hier spricht man oft von der sogenannten „normativen Ethik“. Wir können zwischen verschiedenen Typen von Ethik, also Versuchen, Moralsysteme zu begründen, unterscheiden. Drei Typen sind dabei besonders zentral:

  • Konsequentialismus bzw. Utilitarismus: Moralisch gut ist diejenige Handlung, die die besten Konsequenzen bzw. den größten Nutzen bewirkt. Hier stellen sich mehrere Fragen: Was genau ist nützlich? Um wessen Nutzen geht es – menschlicher, tierischer oder pflanzlicher Nutzen? Wie weit muss sich der Nutzen zeitlich erstrecken? Ein wichtiger Vertreter dieser Position ist der englische Philosoph John Stuart Mill (1806-1873).
  • Deontologie bzw. Pflichtethik: Moralisch gut ist diejenige Handlung, deren Handlungsgrundsätze („Maximen“) sich an universalen Prinzipien orientieren. Hier geht es also nicht so sehr um die Handlungsfolgen, als um die Motivation, die der Handlung zugrunde liegt. Ein wichtiger Vertreter ist der deutsche Philosoph Immanuel Kant (1724-1804).
  • Tugendethik: Moralisch gut ist diejenige Handlung, die tugendhaft ist bzw. die einem tugendhaften Charakter entspringt. Tugenden sind etwa Gerechtigkeit, Mäßigung, Besonnenheit. Wir erreichen sie dadurch, dass wir die ausgewogene Mitte zwischen zwei Extremen bilden (Tapferkeit als Mitte zwischen Feigheit und Tollkühnheit). Ein wichtiger Vertreter ist der antike griechische Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.).

Die Technikethik ist ein Fall von angewandter Ethik. Sie befasst sich mit Fragen, die das gute und schlechte Handeln mit und angesichts verschiedener konkreter Techniken und Technologien betreffen. Da es verschiedene Techniken und Technologien gibt, gibt es auch verschiedene Technikethiken. Denn die Techniken und Technologien existieren nicht für sich, sondern immer mit Blick auf den Menschen, der sie gebraucht und dem sie gelten. Jede Technologie stellt den Menschen vor besondere ethische Herausforderungen. Technologien, so die ethische Überzeugung, sind nicht für sich genommen gut, sondern bedürfen immer einer kritischen Reflexion. Wir können etwa zwischen Medizinethik, Medienethik und Informationsethik unterscheiden, auch wenn diese häufig nicht klar voneinander trennbar sind. Denn auch die Informationsethik spielt in die Medizinethik hinein. Technikethische Fragen und Probleme sind etwa folgende:

  • Wie weit dürfen wir in den genetischen Code von Menschen eingreifen, um sie zu „verbessern“ bzw. von schweren Krankheiten zu heilen?
  • Inwiefern dürfen wir Menschen als bloße Datenbasis für Experimente und computergestützte und kommerzielle Auswertung behandeln?
  • Inwiefern ist die menschengemachte Zerstörung und Verschmutzung der Umwelt moralisch problematisch, etwa angesichts Umweltkatastrophen und anthropogenem Klimawandel?

Besonders zentral ist für die Technikethik der Begriff der Verantwortung. Der Technikethik liegt die Überzeugung zugrunde, dass wir die Technik so gestalten und gebrauchen müssen, dass sie anderen Menschen nicht schadet, sondern nutzt. Man spricht deswegen häufig auch von einem „Berufsethos“, also von einem berufsspezifischen Normen- und Wertesystem. Als das älteste Berufsethos darf der sogenannte „Hippokratische Eid“ gelten, der bereits in der Antike Handlungsanweisungen für Ärztinnen und Ärzte formuliert hat.