Zusammenfassung: Bentham und Mill

Benthams Konsequentialismus setzt sich zum Ziel, die Moralität einer Handlung zu berechnen und zu messen. Sein Ziel besteht darin, die Moralität zu objektivieren, indem er Handlungen nach ihrem Nutzen quantifiziert. Bentham entwickelt eine Art Rechenanweisung bzw. Algorithmus, eine „Verfahren“ (48), um die Moralität einer Handlung zu bestimmen. Es geht im konkret jedoch nicht um die Handlung selbst, sondern um die „Tendenz“ der Handlung, also ihre Orientierung und Motivation: „Man beginne mit irgendeiner der Personen, deren Interessen am unmittelbarsten durch die jeweilige Handlung betroffen zu sein scheinen und ermittle (1) den Wert jeder unterscheidbaren Freude, die von der Handlung zunächst einmal erzeugt zu werden scheine; (2) den Wert jedes Leids, das von ihr zunächst einmal erzeugt zu werden scheint; (3) den Wert jeder Freude, die von ihr nach der ersten erzeugt zu werden scheint. Dies stellt die Fruchtbarkeit der ersten Freude und die Unreinheit des ersten Leids dar“ (47). Hier wird deutlich, dass Bentham immer die Perspektive des handelnden Subjekts zugrunde legt, dem eine Handlung als nützlich „erscheint“. Bewertet muss insofern im Grunde nicht die Konsequenz einer Handlung allein, sondern ihr Verhältnis zu ihrer Motivation. Wenn eine Handlung eines Subjekts nützlich ist, dann muss sie mit ihrer Motivation verglichen werden. Bentham unterscheidet gleich vierzehn Arten von „einfachen Freuden“, „für die die menschliche Natur empfänglich ist“. Dazu zählt er so heterogene Freuden wie die Freude der Macht, des Reichtums, aber auch moralischere wie die der Freundschaft.

John Stuart Mill (1806-1873) knüpft an Benthams Theorie an, modifiziert diese jedoch in entscheidenden Hinsichten. Er vertritt die utilitaristische Grundthese, „dass Lust und das Freisein von Unlust die einzigen Dinge sind, die als Endzwecke wünschenswert sind, und dass alle anderen wünschenswerten Dinge (die nach utilitaristischer Auffassung ebenso vielfältig sind wie nach jeder anderen) entweder deshalb wünschenswert sind, weil sie selbst lustvoll sind oder weil sie Mittel sind zur Beförderung von Lust und zur Vermeidung von Unlust.“ (25) Mill kritisiert, dass die Utilitaristen bislang zu wenig innerhalb der verschiedenen Freuden qualitativ differenziert haben: „Es wäre unsinnig anzunehmen, dass der Wert einer Freude ausschließlich von der Quantität abhängen sollte, wo doch in der Wertbestimmung aller anderen / Dinge neben der Quantität auch die Qualität Berücksichtigung findet.“ (27/29) Mill führt die höhere Qualität bestimmter Freuden auf das ihnen zugrunde liegende höhere geistige Vermögen zurück: „Es ist besser, ein unzufriedener Mensch zu sein als ein zufriedenes Schwein; besser ein unzufriedener Sokrates als ein zufriedener Narr. Und wenn der Narr oder das Schwein anderer Ansicht sind, dann deshalb, weil sie nur die eine Seite der Angelegenheit kennen. Die andere Partei hingegen kennt beide Seiten.“ (33) Mill verteidigt den Utilitarismus ferner gegen den Vorwurf, dass er ein Egoismus sei: „Der Utilitarismus fordert von jedem Handelnden, zwischen seinem eigenen Glück und dem der anderen mit ebenso strenger Unparteilichkeit zu entscheiden wie ein unbeteiligter und wohlwollender Zuschauer. In der Goldenen Regel, die Jesus von Nazareth aufgestellt hat, finden wir den Geist der Nützlichkeitsethik vollendet ausgesprochen. Die Forderungen, sich dem anderen gegenüber so zu verhalten, wie man möchte, dass er sich einem selbst gegenüber verhält, und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, stellen die utilitaristische Moral in ihrer höchsten Vollkommenheit dar.“ (53) Auch begegnet Mill dem naheliegenden Vorwurf, „der Utilitarismus mache die Menschen kalt und gefühllos, er töte ihre sittlichen Empfindungen anderen Menschen gegenüber ab, er lenke ihr Augenmerk nur auf die spröde und nüchterne Abwägung von Handlungsfolgen, statt in die moralische Bewertung der Handlungen auch die Charaktereigenschaften einzubeziehen, denen diese Handlungen entspringen.“ (59) Hier argumentiert Mill, dass eine Ethik nur auf die Handlungen, nicht aber auf die dahinter stehende Person und ihre Motive und Charaktereigenschaften, womit er sich sowohl von der Deontologie wie auch von der Tugendethik abgrenzt.