Zusammenfassung der 1. Sitzung, 17.10.2018: Einführung in den Kausalitätsbegriff

Kausalität ist ein Phänomen, das sich durch eine zweistellige Relation R beschreiben lässt. Die Relata dieser Relation sind Ursache (u) und Wirkung (w): uRw.

Hier stellt sich nun die Frage, welchen ontologischen Status Ursachen und Wirkungen haben. In Frage kommt Folgendes:

  • Prozesse
  • Dinge
  • Ereignisse
  • Tatsachen

Ursachen und Wirkungen als Dinge zu verstehen, ist deswegen problematisch, weil wir sie in ihrer Wirkungsweise betrachten müssen. Sobald ein Ding wirkt, handelt es sich um einen Prozess, der sich als Ereignis und Tatsache beschreiben lässt. Wenn wir aber von Ursachen und Wirkungen nur im Sinne von Tatsachen sprechen, scheint die dynamische Kraftübertragung und Notwendigkeit, die die Kausalitätsrelation ontologisch charakterisiert, zu wenig beachtet zu werden. Das Loslassen eines Stiftes ist die Ursache für sein Auf-den-Boden-Fallen. Ist das Loslassen des Stiftes ein Ding? Sicherlich nicht. Aber das Loslassen ist auch mehr als eine abstrakte Tatsache. Es ist das willentlich-absichtlich von einem (freien) Subjekt herbeigeführte Auf-den-Boden-Fallen des Stiftes.

Nun kann man fragen, in welcher zeitlicher Ordnung Ursache und Wirkung zueinander stehen. Gilt, dass die Ursachen immer zeitlich den Wirkungen vorausgehen müssen, oder sind beide gleichzeitig, oder ist es gar möglich, dass eine Wirkung der Ursache vorausgeht, etwa dann, wenn man eine Zeitreise in die Vergangenheit unternimmt? Ist es gar möglich, dass Kausalität zeitlos erfolgen kann?

Eine weitere Frage betrifft die logische Formalisierung und Modellierung der Kausalitätsrelation. Sind Ursachen notwendig oder hinreichend für ihre Wirkungen, oder gar beides zusammen?

Auch kann man fragen, ob es verschiedene Arten von Kausalität gibt. Aristoteles unterschied vier Ursachen: Wirkursache, Formursache, Stoffursache, Zweckursache. Seit der Neuzeit tendiert man dazu, nur eine Kausalitätsart anzunehmen, nämlich die Wirkursache (causa efficiens). Doch stellt sich hier die Frage, welche Art von Kausalität diejenige mentaler Verursachung ist, die unser Wollen und Handeln betrifft. Immanuel Kant setzte deswegen neben der Wirkursächlichkeit der Natur noch eine Kausalität aus Freiheit an, der wir unsere Freiheit außerhalb der Naturgesetze verdanken, da sie unbedingt ist.

Eine weitere Frage lautet, ob es überhaupt Kausalität gibt, und welchen erkenntnistheoretischen Status diese Relation hat. Ist sie nur eine Ordnungskategorie, die wir über die Welt stülpen und in sie hineinprojizieren? Gibt es am Ende gar nur Regelmäßigkeiten und bloße Wahrscheinlichkeiten?