Metaphysik der Kausalität
Betrachtet man das Phänomen der Kausalität, so kann man zwischen einer ontologischen Dimension und einer logischen Dimension unterscheiden. Die ontologische Dimension betrifft die Frage nach der Seinsart der Relata „Ursache“ und „Wirkung“. Hierfür gibt es mehrere Kandidaten: Substanzen (mit Kräften und Vermögen), Ereignisse, Sachverhalte, Tatsachen, Situationen oder Eigenschaften.[1] In der Regel gelten in der Philosophie Ereignisse als Kandidaten für Ursachen und Wirkungen. Die logische Dimension betrifft die Frage, in welchem modalen Verhältnis Ursache und Wirkung zueinander stehen: Sind Ursachen notwendige oder hinreichende Bedingungen ihrer Wirkungen, oder eine Kombination aus beiden? Bezüglich der logischen Relation der Kausalität kann man die Frage stellen, ob sie eine transitive Relation ist: Wenn a die Ursache von b ist und b die Ursache von c, dann ist a mittelbar die Ursache von c. Problematisch wird die Transitivität dann, wenn man verschiedene Arten von Kausalität ansetzt. Kann eine ereigniskausale Ursache eine akturskausale Wirkung hervorrufen? Kann ein physikalisches Ereignis ein mentales Phänomen wie Melancholie bewirken? Und wie verhält es sich, wenn die Kausalkette sehr lang ist, so dass man die einzelnen Stationen nicht mehr überschaut? Bedarf Kausalität nicht immer einer bestimmten, einheitlichen Situation, innerhalb derer die kausalen Ereignisse raumzeitlich benachbart und situiert sind? Darauf hat der Philosoph David Hume hingewiesen.
Wichtig ist bei der Behandlung der Kausalitätsproblematik immer auch das Subjekt der Kausalitätserkenntnis und -Erfahrung. Kausalität scheint ein schwach normativer Begriff zu sein, der uns Orientierung in der Welt erlaubt, und eine Antwort auf die Tiefenfrage „Warum?“ verheißt. Besonders deutlich wird dies dann, wenn es um Akteurskausalität geht, da hier die Frage nach der Schuld und Zurechenbarkeit einer Person aufgeworfen wird.
Platons Kausalitätsbegriff
Der Begriff der Kausalität tritt bei Platon im Kontext seiner Ideenlehre auf. Der Platonische Sokrates erwägt in der Schrift Politeia, „daß dem Erkennbaren nicht nur das Erkanntwerden von dem Guten komme, sondern auch das Sein und Wesen habe es von ihm, da doch das Gute selbst nicht das Sein ist, sondern noch über das Sein an Würde und Kraft hinausragt.“ (Pol. 509 b) Die Idee des Guten ist der Seins- und Erkenntnisgrund all dessen, was in der Welt existiert. Damit ist das Sein und die Erkenntnis nach Platon immer in einem normativen Kontext situiert. Das, was ist, ist gut, weil es (geordnet) ist (Kosmos), und insofern es (gut) ist, ist es auch immer (prinzipiell) durch den Menschen erkennbar. Weniger scheint sich Platon mit dem kausalen Werden und Vergehen der irdischen Welt zu befassen. Veränderung ist nämlich gemäß der komparativen platonischen Ontologie, die Grade des Seins kennt, immer ein ontologisch depotenziertes Phänomen, da es prinzipiell unordentlich ist.
[1] Vgl. dazu den sehr instruktiven Eintrag der „Standford Encyclopedia of Philosophy“ https://plato.stanford.edu/entries/causation-metaphysics/