Der Philosoph und Theologe Augustinus (354-430) fragt in seinen Bekenntnissen (Confessiones): „Was ist also die Zeit?“ Er antwortet selbst darauf: „Wenn mich niemand darüber fragt, so weiß ich es; wenn ich es aber jemandem auf seine Frage erklären möchte, so weiß ich es nicht.“ Hieran wird bereits ein wesentliches Problem der Zeit deutlich: Wir scheinen einerseits so etwas wir ein unmittelbares Zeitbewusstsein zu haben – der Philosoph Immanuel Kant spricht von einem „inneren Sinn“ – der uns unmittelbare und intuitive Auskunft über die Zeit gibt. Schwieriger wird es allerdings, wenn wir die Zeit objektivieren und auf den Begriff bringen sollen: Ist die Zeit ein Gegenstand, der gleichsam von Außen beschrieben und analysiert werden kann? Kommen wir überhaupt aus der Zeit heraus, oder unterliegen wir ihr nicht vielmehr stets? Ist Zeit subjektiv oder objektiv?
Weitere Fragen, die sich bezüglich des Phänomens der Zeit stellen und die im Seminar behandelt werden sollen, sind folgende:
- Ist Zeit etwas Kontinuierliches (bis ins Unendliche Dividierbare) oder Diskretes (in kleinsten Einheiten vorliegend)?
- Gibt es Zeit ohne Subjekte mit Selbstbewusstsein?
- Kann es überhaupt Gegenstände ohne Zeit geben? Sind Zahlen oder mathematische Sachverhalte (der Satz des Pythagoras) ein Kandidat dafür?
- Wie verhalten sich Zeit und Raum zueinander? Sind sie voneinander abhängig, und falls ja, wie genau?
- Wie verhält sich Zeit zum Phänomen der Geschichte? Ist Geschichte in Freiheit gestaltete Zeit?
- Wie verhalten sich Zeit und Freiheit zueinander?
- Hat die Zeit nur eine Richtung, oder kann sie auch ‚rückwärts‘ verlaufen?
- Sind Zeitreisen in die Vergangenheit überhaupt logisch möglich?
- Gibt es einen absoluten Anfang der Zeit? Gibt es ein absolutes Ende der Zeit?
Diese Fragen sollen im Seminar mit Bezug auf Philosophen wie Augustinus, Aristoteles, Newton, Einstein, Leibniz, Kant, Schelling, Bergson, Heidegger, McTaggart und Koch diskutiert werden.