Zusammenfassung: G.E. Moores Utilitarismus

Aus utilitaristischer und deontologischer Perspektive stellt sich insbesondere die Frage, wie der Satz „X ist gut, aber nicht nützlich“ zu verstehen ist. Deontologische Positionen halten diesen Satz für möglich, wie etwa im Falle von Kants Ethik, wonach ein guter Wille absolut gut sein kann, ohne konkrete nützliche Handlungen zur Folge zu haben. Utilitaristische Positionen hingegen halten diesen Satz tendenziell für widersprüchlich. Es stellt sich also für den Utilitarismus die Frage, wie das Verhältnis zwischen (moralisch) gut und nützlich verstanden werden muss. Nach G.E. Moore können wir konkrete Handlungsregeln, die die Frage betreffen, was wir tun sollen, nicht intuitiv erkennen, sondern müssen diese empirisch hinsichtlich des Verhältnisses von Ursache und Wirkung wissenschaftlich bestimmen. Dasjenige, was jedoch gut an sich ist, muss intuitiv erkannt werden, und es kann sich kein Grund dafür angeben lassen, der außer ihm liegt (etwa eine Ursache). Moore ist sich dessen Bewusst, dass es in einer konkreten Handlungssituation epistemisch unmöglich ist, alle ihre Wirkungen zu antizipieren: „Um zu zeigen, daß eine Handlung Pflicht ist, ist es nötig, einerseits zu wissen, welches die übrigen Bedingungen sind, die mit ihr zusammen ihre Wirkungen determinieren werden, genau zu wissen, was für Wirkungen diese Bedingungen haben werden. Andererseits muß man alle Ereignisse kennen, die im Laufe einer unendlichen Zukunft irgendwie durch unsere Handlung in Mitleidenschaft gezogen werden. Diese ganze kausale Wissen müssen wir haben und müssen ferner genau den Wertgrad sowohl der Handlung selbst als auch all dieser Wirkungen kennen und müssen imstande sein zu bestimmen, wie diese im Verein mit den anderen Dingen in der Welt ihren Wert als eines organischen Ganzen beeinflussen werden. Und nicht genug damit: dieses ganze Wissen müssen wir auch im Hinblick auf die Wirkungen jeder möglichen Alternative besitzen und sodann in der Lage sein, durch Vergleich zu ermessen, ob der durch den Vollzug der fraglichen Handlung bedingte Gesamtwert größer sein wird als der, der durch jede der Alternativen erzeugt würde. Es versteht sich, daß unser kausales Wissen allein viel zu unvollständig ist, als daß wir jemals ein solches Resultat erreichen würden.“ Daraus folgt nach Moore, dass wir keine Pflicht zur Ausführung bestimmter Handlungen haben können. Im Gegensatz zu Kants Pflichtethik, die die Pflicht einer Handlung nur auf ihre Motivation und nicht auf ihre Folgen bezieht, argumentiert Moore, dass sich die Pflicht auf die Folgen beziehen muss, und dass sie deswegen nicht absolut sicher bestimmt werden kann, sondern immer nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit besitzt. Moore kritisiert an Mill, dass er einem „naturalistischen Fehlschluss“ (naturalistic fallacy) in seiner Argumentation unterliegt. Dieser besteht darin, dass Mill „gut“ durch das psychologische Prädikat „begehrenswert“ ersetzt hat. „Wünschenswert“ bedeutet nach Moore nicht dasselbe wie „sichtbar“, sondern besitzt eine normative Bedeutung, die sich nicht durch faktisches tatsächliches Begehren von Menschen erklären lässt.