Zusammenfassung: (Moralische) Motivation

Das Grundproblem (moralischer) Motivation besteht in folgenden Fragen: Wie können wir unseren Willen so bestimmen, dass er zu einer (moralischen) Handlung führt? Wie können rationale und normative Gründe auch motivationale Gründe sein? Inwiefern können moralische Gründe motivationale Gründe sein? Inwiefern können moralische motivationale Gründe Emotionen sein? Damit wir zu einer (moralischen) Handlung motiviert werden, genügen oft rationale und moralische Erwägung bzw. rationale und moralische Gründe alleine nicht. Wir benötigen deswegen emotionale Einstellungen, die Ausdruck unserer rationaler, moralischer und normativer Gründe sind. In der Geschichte der Philosophie hat Immanuel Kant deswegen von „Triebfedern“ gesprochen, die uns zu einer (moralischen) Handlung motivieren. Triebfedern sind Beweggründe unseres Handelns, die eine gewisse Energie und Kraft besitzen, um unsere Gründe handlungswirksam werden zu lassen. Damit wir zu einer Handlung gelangen, die aus rationalen und moralischen Gründen erfolgt, darf die Triebfeder jedoch nicht zu stark sein, so dass wir etwa durch Affekte überwältigt werden, gewissermaßen für einen Moment „außer uns sind“ und und hinterher die Tat bereuen (z.B. Beleidigung im Affekt). Deswegen eigenen sich insbesondere Emotionen zur (moralischen) Motivation (im Gegensatz zu starken Affekten und schwachen Stimmungen), weil sie trotz aller Antriebskraft noch genügend Spielraum für Reflexion lassen.

Welche Emotion eignet sich am besten dazu, uns moralisch zu motivieren? Welche Emotion drückt unser eigenes Wesen im Grunde aus, so dass wir darin autonom, d.h. selbst-gesetzgebend handeln? In der Geschichte der Philosophie wurden vor allem drei Emotionen: (1) Mitleid, (2) Achtung und (3) Liebe als exemplarische Motivationskräfte vorgebracht. Nach Arthur Schopenhauer (1788-1860) ist das Mitleid die „einzig echte moralische Triebfeder“. Im Mitleid identifizieren wir uns mit allen leidenden Wesen, nicht nur Menschen, sondern auch Tieren. Im Mitleid reflektieren wir nicht so sehr, sondern werden unmittelbar zu einer Handlung angetrieben. Mitleid ist eine sehr starke Emotion, die nach Schopenhauer intrinsisch gut ist, da sie der Grausamkeit gerade entgegengesetzt ist. Mitleid drückt unseren Willen und unsere Existenz im Grunde aus, denn wir sind nach Schopenhauer in erster Linie leidensfähige Wesen und keine vernünftigen Personen.

Nach Immanuel Kant ist (1724-1804) Achtung die einig echte moralische Triebfeder. Achtung ist nach Kant ein „vernunftgewirktes Gefühl“, eine rationale Emotion, die sich direkt aus unserem Bewusstsein des moralischen Gesetzes, wie es im kategorischen Imperativ ausgedrückt ist, ergibt. Achtung ist in ihrer Wirkung auf uns ambivalent, da sie unsere natürlich-empirische Seite mit unseren individuellen Eigeninteressen demütigt, uns aber zugleich, sofern wir uns als vernünftig-moralisches Wesen verstehen, darüber erhebt. Achtung gilt im Gegensatz zu Schopenhauers Theorie des Mitleids nur vernünftigen und moralischen Wesen, nicht allen leidensfähigen Lebewesen. Wir achten uns in der Achtung im Grunde selbst, sofern wir moralische Wesen sind. Achtung besitzt im Gegensatz zu Mitleid eine stärker reflexive Dimension im Sinne des Werterkennens und Wertfühlens.

Liebe ist nach Harry Frankfurt (*1929) und auch nach Friedrich Schiller (1759-1805) eine Emotion, in der wir uns einer anderen Person verpflichtet fühlen und erkennen, ohne darin nur moralisch sein zu müssen. Liebe drückt nach Frankfurt unsere individuelle Verpflichtung gegenüber einer geliebten Person aus. In der Liebe verstehen wir die geliebte Person nicht als Mittel zum Zweck, sondern wir messen ihr einen Selbstweck zu, vergleichbar mit den moralischen Geboten des kategorischen Imperativs, niemanden nur als Mittel zum Zweck, sondern immer auch als Selbstzweck zu behandeln. Liebe und Vernunft schließen sich nicht aus, vielmehr liefert uns die Liebe gute (normative) und motivationale Gründe für unser Handeln. Schiller betont, dass die Liebe ein Ausdruck unserer Freiheit ist, denn wir befinden uns darin in einer harmonischen und ästhetischen Stimmung als Natur- und Vernunftwesen, im Gegensatz zur Achtung.

Eine Umfrage brachte folgendes Ergebnis: