Der US-amerikanische Philosoph Harry Frankfurt hat Willensfreiheit analog zu Handlungsfreiheit bestimmt: „Genauso wie die Frage nach der Freiheit einer Handlung darauf zielt, ob sie auch die Handlung ist, die der Betreffende ausführen möchte, so bezieht sich die Frage nach der Willensfreiheit darauf, ob der Wille, den einer hat, der Wille ist, den er haben möchte […] Die Frage nach der Willensfreiheit betrifft nicht das Verhältnis zwischen dem, was jemand tut, und dem, was er tun möchte, sondern sie betrifft die Wünsche selber.“ (76f.)
John Locke hatte im Grunde die Möglichkeit von Willensfreiheit bestritten und dafür verschiedene Argumente angeführt:
(1) Der Wille ist kein Subjekt oder eine Substanz, die Eigenschaften haben kann, sondern als Kraft selbst eine Eigenschaft.
(2) Nicht der Wille ist frei, sondern der Mensch.
(3) Wenn wir unseren Willen bestimmen können wollten, so müssten wir immer einen noch höheren Willen ausbilden und kämen so nie zu einer Entscheidung.
Dennoch hatte Locke darauf hingewiesen, dass wir die Möglichkeit haben, unseren Willen selbst zu bilden, indem wir unsere Wünsche und Begierden aus einer gewissen Distanz kritisch reflektieren.
Lockes Zeitgenosse, der deutsche Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) hat dessen Theorie der Handlungsfreiheit kritisiert und dieser in seinen Neuen Abhandlungen über den menschlichen Verstand (1704) eine explizite Theorie der Willensfreiheit entgegengesetzt. Locke nennt drei Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Willensfreiheit möglich ist:
(1) Kontingenz: Die Willensentscheidung darf nicht aus Notwendigkeit erfolgen (das wäre Zwang), aber sie darf auch nicht aus bloßer Indifferenz heraus erfolgen (das wäre bloßer Zufall). Unsere freien Handlungen müssen immer noch bestimmt bzw. determiniert sein, und zwar aufgrund der universalen Geltung des „Satzes vom zureichenden Grund“: Alles, was geschieht, muss einen Grund haben, denn sonst wäre die Welt unverständlich.
(2) Intelligenz: Die Willensentscheidung muss aus vernünftigen Gründen heraus erfolgen, d.h. aus Deliberation.
(3) Spontaneität: Die Handlungen des Menschen müssen aus seiner eigenen Natur bzw. unserem individuellen Wesen folgen (hier stellt sich die Frage, was unser eigentliches Wesen ist).
Im Ausgang von Leibniz hat Kant die Frage aufgeworfen, was eigentlich unser eigenes Wesen ist, das willensfrei genannt werden soll, und aus dem die Handlungen erfolgen. Er hat Willensfreiheit im Sinne der Autonomie („Selbst-Gesetzgebung“) weiter bestimmt. Willensfreiheit bedeutet demnach, dass wir unser Wollen und Handeln immer an Gesetzen orientieren, die wir uns selbst gegeben haben. Die Gesetze, die unser Wollen und Handeln bestimmen, sind also unsere eigenen Gesetze (autonom) und keine fremden Gesetze (heteronom). Entscheidend für Kants Verständnis von Willensfreiheit als Autonomie ist, dass diese Gesetze, durch die wir willensfrei handeln können, moralische Gesetze sein müssen. Damit wir willensfrei genannt werden können, müssen wir unsere Maximen, also subjektiven Handlungsgrundsätze, nach dem kategorischen Imperativ ausrichten, d.h. sie müssen vernünftig verallgemeinerbar sein. Alle anderen Gesetze als das moralische Gesetz sind nach Kant keine autonomen, sondern nur heteronome Gesetze, wie etwa unser individuelles Streben nach Lust und Glück. Hier stellen sich mehrere Fragen: Ist unser eigentliches Wesen wirklich im Grunde moralischer Natur, d.h. sind die eigentlich guten bzw. normativen Gründe für unsere Handlungen immer moralische Gründe? Wie kann ich mir aus Freiheit ein Gesetz geben, wenn ich doch, um dies aus Freiheit tun zu können, eigentlich immer schon unter einem Gesetz stehen muss?
Es lassen sich in der aktuellen Debatte um Willensfreiheit verschiedene Positionen unterscheiden:
(A) Kompatibilismus: Willensfreiheit ist mit dem Determinismus, also der kausalen (bzw. naturgesetzlichen) Bestimmtheit der Welt, vereinbar und kann auf dieser Basis vorkommen.
(B) Inkompatibilismus: Willensfreiheit ist mit dem Determinismus nicht vereinbar.
Hier lassen sich nun zwei Arten des Inkompatibilismus weiter unterscheiden:
(B1): (Harter) Determinismus: Der Determinismus ist wahr, und deswegen sind wir nicht (willens)frei (z.B. durch die Annahme eines neuronalen Determinismus); Problem: Wir sind dann nicht für unsere Handlungen verantwortlich.
(B2): Liberarianismus: Der Determinismus ist falsch, und deswegen sind wir (willens)frei; Problem: Gibt es naturgesetzliche „Lücken“? Ist Freiheit mit dem Indeterminismus vereinbar?
Das Problem von Determinismus und Kompatibilismus stellt sich so für die Handlungsfreiheit nicht. Denn hier wird ein bestimmter Wille bereits vorausgesetzt und nicht mehr weiter gefragt, wie dieser Wille zustande kam bzw. ob er heteronom bestimmt ist. Es geht allein um die Frage, ob der Wille in eine Handlung überführt werden kann oder nicht.
Eine Umfrage unter den Teilnehmenden der Vorlesung kam zu folgendem Ergebnis: