Das Internet hat eine lange Geschichte, deren Wurzeln teils wissenschaftlich, teils militärisch sind. Im Jahr 1969 wurde das sogenannte „ARPANET“, ein Akronym für Advanced Research Projects Agency Network als Kooperation zwischen dem Massachusetts Institute of Technology und dem US-Verteidigungsministerium entwickelt. Sein Zielt bestand darin, eine dezentrale Topologie, d.h. Raumlogik eines verteilten Netzwerks zu entwickeln. Die Gründe für die Entwicklung eines solchen dezentralen Netzwerks liegen auch in der damaligen politischen Situation des Kalten Krieges. Ein dezentrales Netzwerk besitzt den Vorteil, dass im Falle des kriegsbedingten Ausfalls eines Knotens nicht das gesamte Netzwerk zerstört wird. Allgemeiner gefasst liegt jedoch der Vorteil eines dezentralen Netzwerks darin, dass damit die Kommunikation und Interaktion vereinfacht und flexibilisiert wird. Ab 1990 öffnete sich das Internet auch für Privatanwender und kommerzielle Zwecke. Das „World Wide Web“ wurde von Tim Berners-Lee, dem Mitbegründer des neuen Internets, als “wide-area hypermedia information retrieval initiative aiming to give universal access to a large universe of documents” charakterisiert. Mit der Einführung des HTML-Codes und komfortablen, grafisch aufbereiteten Browsern beginnt die eigentliche Geschichte des Internets, das in seinem ersten Stadium auch „Web 1.0“ genannt wird. Es ist dadurch charakterisiert, dass darin Unternehmen eigene Webpräsenzen entwickelten, die jedoch noch nicht interaktiv erschlossen waren, sondern allein eine basale Informationsübersicht enthielten. Die „Wayback Machine“ des „Internet Archives“ (https://archive.org/web/), welches Stand Oktober 2022 über 700 Milliarden Webseiten archiviert hat, erlaubt eine Zeitreise in die Anfänge des Internets. Die archivierte Webpräsenz des Magazins „Der Spiegel“ aus dem Jahr 1996 etwa enthält nur eine schlicht gehaltene Startseite mit sieben weiteren Links zu verschiedenen Unterseiten. Auf dieser Basis war eine nur sehr beschränkte Interaktion der Nutzerinnen und Nutzer möglich. Es handelte sich gewissermaßen um eine digitale Visitenkarte. Mit „Web 2.0“ wird ein neues Stadium des Internets bezeichnet, welches eine verstärkte Interaktion der Nutzerinnen und Nutzer durch die Einführung von zentralen Plattformen wie etwa Facebook (2004) oder YouTube (2005). YouTube warb ursprünglich mit dem Slogan „Broadcast Yourself“. Dies bedeutet, dass im Web 2.0 die Unterscheidung zwischen Rezipient und Produzent immer mehr aufgehoben wird. Diese Phase ist dadurch charakterisiert, dass große Unternehmen zumeist kostenlose Infrastruktur zur Verfügung stellen, dies jedoch zum Preis der Daten, die die Nutzerinnen und Nutzer ihnen, zumeist unbewusst, zur Verfügung stellen. Durch die Dominanz zentraler Unternehmen wir Google/Alphabet und Facebook/Meta (den sogenannten „Big Tech“) hat sich das Web 2.0 von der Idee der Dezentralisierung wieder ein Stück entfernt. Wir sind abhängig geworden von der kommerziell interessierten Infrastruktur, die diese Unternehmen uns zur Verfügung stellen. Das Web 3.0, dessen Entstehen wir gerade miterleben können, stellt den ursprünglichen Gedanken der Dezentralisierung des Web 1.0 wieder verstärkt ins Zentrum, bei gleichzeitiger Beibehaltung der interaktiven Dimension des Web 2.0 Man könnte also sagen, dass das Web 3.0 eine Art Synthese aus Web 1.0 und Web 2.0 ist. Entscheidend für das Web 3.0 ist die Blockchain-Technologie, die darin besteht, dass wir bei unseren Interaktionen nicht mehr auf zentrale Institutionen wie etwa Banken oder den Big Tech angewiesen sind. Die Blockchain-Technologie zeigt sich insbesondere im Phänomen der digitalen Währungen, wie etwa Bitcoins. Diese werden nicht von einer Zentralbank gesteuert und kontrolliert, sondern von allen Nutzerinnen und Nutzern selbst. Ebenso wird mit dem Web 3.0 die Idee des Metaversums verbunden, also virtuellen Räumen, in denen wir nicht nur spielen, sondern auch arbeiten und leben können.
Der Oxforder Internet-Philosoph Luciano Floridi hat davon gesprochen, dass wir seit der Entstehung des Web 2.0 ein „Onlife“ führen. Die Trennung zwischen „online“ und „offline“ wird immer weniger zentral, sondern es fließen in unseren Alltag in ganz verschiedenen mobilen Hinsichten Internetverbindungen ein. Er spricht deswegen davon, dass die Generation Z, der um das Jahr 2000 Geborenen, „onlife zur Welt“ kam.
Worin bestehen die ethischen Herausforderungen des Web 2.0 und noch mehr des Web 3.0? Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und der Dezentralisierung und Individualisierung der Informationsbeschaffung droht eine „digitale Unmündigkeit“ durch digitale Blasenbildung. Der amerikanische Autor Eli Pariser hat in seinem Buch „Filter Bubble“ dieses Phänomen folgendermaßen beschrieben: „Prognosemaschinen entwerfen und verfeinern pausenlos eine Theorie zu Ihrer Persönlichkeit und sagen voraus, was Sie als Nächstes tun und wollen. Zusammen erschaffen diese Maschinen ein ganz eigenes Informationsuniversum für jeden von uns – das, was ich die Filter Bubble nenne – und verändern so auf fundamentale Weise, wie wir an Ideen und Informationen gelangen“.
Es stellen sich nun folgende Fragen: Sollten im Metaversum auch moralische Regeln gelten, so wie in der analogen Welt, und wie sollten sie genau beschaffen sein? Inwiefern können wir im Internet virtuell existieren, und inwiefern können wir darin virtuell handeln? Inwiefern ist das Internet nicht nur ein Informationsmedium, sondern auch ein virtueller Handlungsraum? Worin bestehen moralisch gute, worin moralisch böse Handlungen im Internet, z.B. mit Blick auf das Darknet? Worin besteht die ethische Problematik, wenn wenige große Unternehmen wir Facebook und Google die Infrastruktur des Internets bestimmen?
In der Diskussion haben wir folgende virtuelle Handlungen im Internet bzw. Metaversum als moralisch gut qualifiziert:
- Reibungslose und barrierefreie Partizipation von Minderheiten
- Anonymität und Personenschutz möglich
- Selbstbestimmung und Autonomie fördern
- Filterblasen zum Platzen bringen
Folgende virtuelle Handlungen wurden als moralisch problematisch charakterisiert: