Der Neuplatoniker Plotin (205-270 n. Chr.) steht in einer platonischen Tradition. Er vertritt die Auffassung, dass das Gute (agathón) und das Eine (hén) aufs Engste miteinander verbunden sind. Das Eine ist begrifflich in sich homogen und nicht differenziert, weshalb es sich als das Erste oder Absolute eignet. Das Eine gibt allen Dingen ihre Einheit, und sie können nur deswegen existieren. Es ist das ontologische Prinzip. Das Gute hingegen ist das Erste in einem normativen Sinn. Es ist dasjenige, was allem anderen vorzuziehen ist, eben weil es gut ist. Es ist damit der Flucht- und Zielpunkt aller unserer Strebungen. Weiterlesen
Archiv für den Monat: April 2022
Game Over: (Über)Leben und Tod in Computerspielen
Kants Theorie moralischer Normativität
Kants Ethik ist eine formale Ethik. Damit ist gemeint, dass es ihm bei der Begründung und Erkenntnis der moralischen Prinzipien nicht auf bestimmte Tugenden, gesunde Mitte, individuelle Zwecke oder Konsequenzen einer Handlung ankommt, sondern auf die formale, vernünftige Grundstruktur unseres Wollens. Nach Kant ist derjenige Wille moralisch, der nur durch die Form des Sittengesetzes bestimmt ist. Dies ist nach Kant der „reine Wille“. Kant entwickelt die Normativität der Moralität aus der vernünftigen Verallgemeinerbarkeit unserer Willensabsichten, wobei das normative Kriterium für diese die widerspruchsfreie Verallgemeinerbarkeit ist. Hier stellt sich freilich die Frage, wie genau diese Widerspruchsfreiheit zu verstehen ist. Denn logische Widersprüche scheinen als solche noch keine moralische Normativität zu garantieren und Moralität begründen zu lassen. Der Satz „3 und 3 ergibt 5“ beinhaltet zwar einen logischen Widerspruch, doch ist dieser moralisch völlig neutral, es folgt daraus moralisch kein Gebot oder Verbot. Weiterlesen
Plotin über das Gute und Böse
Philosophie des Datenschutzes
Sind Daten einmal in die Welt gesetzt worden, werden wir sie nur schwer wieder los. Daten sind mehr als nur ein Fußabdruck, sondern schwer zu verwischende Spuren. Das Wort stammt aus dem Lateinischen („datum“) und bedeutet ganz allgemein so viel wie „das Gegebene“. Gegeben ist uns sehr vieles, und um ein Datum zu sein, muss es eine bestimmte Form aufweisen. Ein Datum muss in einem gewissen Sinne „lesbar“ sein, also eine erkennbare Struktur und Ordnung besitzen. Ansonsten spricht man von bloßem „Datenrauschen“, welches völlig uninformativ ist. Weiterlesen
Datenschutz und Privatsphäre
Aristoteles über moralische Motivation
Moralische Motivation steht im Spannungsfeld von kognitiver Moralerkenntnis und affektiver Moralbewegung und betrifft ein zentrales Problem der Moralpsychologie. Das Problem der Moralkognition besteht darin, dass wir allein durch die Erkenntnis der Moralität nicht schon unmittelbar zum moralischen Handeln bewegt werden. Das Problem der Moralbewegung besteht darin, dass wir dadurch nicht genug unser Handeln begründen. Moralische Motivation erfordert jedoch, dass die Motive, die unser Handeln bestimmen, moralisch sind, und dies bedeutet wiederum, dass sie auf moralisch begründete Weise motivieren. Sie setzt eine Balance aus zu viel kognitiver Distanz und zu viel emotionaler Nähe voraus. Weiterlesen
Platon und Plotin über Gut und Böse
Im Gegensatz zum Guten und Wahren haben das Böse und der Irrtum in der Geschichte der Philosophie relativ wenig Beachtung erfahren. Oft wird das Böse nur als ein Mangel des Guten und der Irrtum als ein Mangel an Wahrheit verstanden. Einer solchen privativen Auffassung entgeht aber, dass wir gerade durch diese negativen Phänomene weiter Aufschluss über das Gute und die Wahrheit erhalten können. Das Böse und Falsche sind nicht gänzlich vom Guten und Wahren verschieden, sondern die andere Seite des Wahren und Guten – ihre Schattenseite. Es gilt daher genau zu untersuchen, wie die Schattenseite des Guten und Wahren zustande kommt, und welche Prozesse – insbesondere durch uns selbst – daran beteiligt sind. Weiterlesen
Kants Transzendentalphilosophie
Immanuel Kants Philosophie versteht sich als eine „Transzendentalphilosophie“. „Transzendental“ bedeutet im Gegensatz zu „transzendent“, dass dabei die Grenzen unseres Wissens nicht überschritten werden, sondern vielmehr „unterschritten“, im Sinne der „Bedingung der Möglichkeit“ von Erkenntnis. Kant vertritt eine Philosophie im Sinne eines „transzendentalen Idealismus“. Die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis, u.a. Raum und Zeit, sind nicht „real“ im Sinne einer unabhängigen Existenz von unserer Subjektivität, sondern „ideal“ im Sinne ihrer Abhängigkeit von uns. Weiterlesen
Gut und Böse zur Einführung
Zusammenfassung: Grundbegriffe einer Ethik der Digitalität
Die Digitalisierung betrifft zunehmend alle Bereiche unserer Lebenswelt. Wie die Elektrizität stellt sie nicht mehr nur eine Technologie dar, die bestimmte (Spezial-)Bereiche betrifft, sondern ist eine pervasive Technologie geworden, die in alle Bereiche unseres Lebens vordringt, anders etwa als die Gentechnik, die freilich auch ethisch von großer und zunehmender Bedeutung ist. Wäre die Digitalisierung nur eine Spezialtechnik, so würde es genügen, für sie eine Technik- oder Bereichsethik zu entwickeln, im Sinne angewandter Ethik bzw. im Sinne einer Ethik der digitalen Ethik, so wie etwa die Tierethik, die Bioethik oder die Wirtschaftsethik. Eine Ethik der Digitalität hingegen berücksichtigt, dass Digitalisierung mehr ist als nur Nullen und Einsen. Weiterlesen
Grundbegriffe einer Ethik der Digitalität
Was ist moralische Motivation?
Die Frage nach moralischer Motivation kann in zweifachem Sinne verstanden werden:
- Was motiviert uns zu moralischen Handlungen?
- Was soll uns zu moralischen Handlungen motivieren?
Während (1) auf deskriptive Sachverhalte abzielt, zielt (2) auf normative Sachverhalte ab. Wir sehen, dass moralische Motivation nicht nur moralische Handlungen betrifft, sondern auch unseren Willen, der zu moralischen Handlungen führen soll und dazu moralisch bestimmt sein muss. Weiterlesen
Gut und Böse: Bestimmung eines Verhältnisses
Das Verhältnis von Gut und Böse ist überaus komplex. Wir können es auf verschiedene Art und Weise verstehen:
- Das Böse kann etwa als das (logische) kontradiktorische Gegenteil des Guten gefasst werden (Kontradiktionsthese)
- Das Böse kann als (ontologische) Privation, d.h. Beraubung des Guten verstanden werden (Privationsthese)
- Das Böse kann als (volitionale) Perversion, d.h. willentliche Umkehrung bzw. Verkehrung des Guten verstanden werden (Perversionsthese)
Einführung in Fichtes „System der Sittenlehre“
Johann Gottlieb Fichte (1762-1814) ist einer der wichtigsten Philosophen des „deutschen Idealismus“ bzw. der „klassischen deutschen Philosophie“, neben Immanuel Kant, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Gemein ist Fichte mit Schelling und Hegel, dass seine Philosophie sehr stark von der Philosophie Immanuel Kants (1724-1804) beeinflusst wurde. Immanuel Kant hatte vor allem in seiner berühmten Schrift Kritik der reinen Vernunft (1781) einen sogenannten „transzendentalen Idealismus“ entwickelt, der besagt, dass unsere Subjektivität der Grund unserer Erkenntnis der Dinge in der Welt ist. Weiterlesen
Ethik der Digitalität: Einführung
Was ist Ethik der Digitalität?
In der aktuellen philosophischen Diskussion werden die Auswirkungen der Digitalisierung immer mehr als genuine Forschungs- und Problemfelder entdeckt. So insbesondere auch in der Ethik. Die „digitale Ethik“ versteht sich als eine Form von angewandter Ethik, wie etwa die Tierethik, die Umwelt- und die Technikethik sie sind. Nun ist jedoch die Digitalisierung immer weniger als ein bloßer Teilbereich unserer Lebenswelt sichtbar, sondern durchdringt diese immer mehr. Die Digitalisierung betrifft unsere Lebenswelt nicht partiell, sondern grundlegend. Weiterlesen