Der menschliche Wille ist nach Schiller gespalten in zwei „Tendenzen“ bzw. „Triebe“, „die den Begriff der Menschheit erschöpfen“.[1] Anders als die in Kants Grundlegungsschriften eingeführte Unterscheidung von Vernunft und Natur folgt Schillers Unterscheidung dieser Willenstendenzen nicht der Opposition „Autonomie-Heteronomie“, sondern er fasst beide Triebe als Basis des Freiheitsgebrauchs auf:[2]
Ich trage kein Bedenken, diesen Ausdruck [scil. „Trieb“] sowohl von demjenigen, was nach Befolgung eines Gesetzes [scil. dem Formtrieb] als von dem, was nach Befriedigung eines Bedürfnisses strebt [dem Stofftrieb], gemeinschaftlich zu gebrauchen wiewohl man ihn sonst nur auf das letztere einzuschränken pflegt. So wie nehmlich Vernunftideen zu Imperativen oder Pflichten werden, sobald man sie überhaupt in die Schranken der Zeit setzt, so werden aus diesen Pflichten Triebe, sobald sie auf etwas bestimmtes und wirkliches bezogen werden. […] Dieser Trieb [scil. der Formtrieb] entsteht nothwendig, und fehlt auch bey demjenigen nicht, der ihm gerade entgegen handelt. Ohne ihn würde es keinen moralisch bösen, folglich auch keinen moralisch guten Willen geben [Hervorh. J.N.].[3] Weiterlesen